Das Start up ‚Innofarming‘ entwickelt in der Smarten Demonstrationsfabrik Siegen ein ‚Vertical Indoor Farming System‘, um die Landwirtschaft der Zukunft mitzugestalten. Die drei Gründer, das sind wir: Charleen Ayelou, Christos Iordanidis und Timo Visestamkul. Durch das Ingenieursstudium von Charleen, dem Biologiestudium von Christos und dem Wirtschaftsstudium von Timo bringen wir als Gründerteam das nötige Know how für die Konzeptionierung eines Vertical Indoor Farming Systems mit. Angefangen hat es mit einem Projekt in der Universität Siegen. Dort haben wir den Grundstein für die Unternehmensgründung gelegt, im Januar 2021 beschlossen, Innofarming zu gründen und sind im April 2021 in den Campus Buschhütten eingezogen. Seitdem sind wir dabei, einen Prototyp für eine Vertical Indoor Farming-Plattform zu entwickeln. Dabei werden wir von der Smarten Demonstrationsfabrik SDFS in Sachen ‚KI in der Produktion‘ großartig unterstützt.
Hintergrund: Im Rahmen einer wissenschaftlichen Recherche hatten wir zuvor die zukünftigen Herausforderungen für die Lebensmittelversorgung erarbeitet und festgestellt, dass in den kommenden 30 Jahren 70 % mehr Lebensmittel hergestellt werden müssen, um die steigende Bevölkerung weltweit ernähren zu können. Dabei stößt die traditionelle Landwirtschaft bereits heute an ihre Grenzen und steht durch das Fortschreiten des Klimawandels zusätzlich vor einigen Problemen. Ein Lösungsansatz könnte Vertical Indoor Farming sein. Bei dieser Form der Kultivierung werden Lebensmittel in einem geschlossenen System in mehreren Etagen übereinander auf wenigen Quadratmetern angebaut. Mithilfe von ‚Grow LED-Lampen‘ und einer fein dosierten Nährstofflösung können Sonnenlicht und Wasser substituiert werden. Zusätzlich kann durch die Kontrolle der Umgebungsfaktoren mittels Sensorik komplett auf Pestizide verzichtet werden. Anders als bei der traditionellen Landwirtschaft werden für die heranwachsenden Pflanzen 365 Tage im Jahr optimale Wachstumsbedingungen geschaffen. Die Menge an Nährstoffen und Wasser kann so fein dosiert werden, dass die Menge an nicht aufgenommener Nährstofflösung minimiert und dank eines Kreislaufes wieder aufgefangen wird. Anschließend können Wasser und Nährstoffe neu aufbereitet und wiederverwendet werden. Dadurch können im Vergleich zur traditionellen Landwirtschaft bis zu 99 % an Wasser und 70 % an Nährstoffen eingespart werden. Das zählt umso mehr, als nicht genutzte Düngemittel und Pestizide bei der traditionellen Landwirtschaft sehr häufig ins Grundwasser versickern und dieses verseuchen. So unterstützt Vertical Indoor Farming eine ressourcenschonende Lebensmittelkultivierung und schützt gleichzeitig die Biodiversität durch einen nur minimalen Eingriff in die Umwelt. Dank des geringen Flächenverbrauchs einer Vertical Indoor Farm kann die Kultivierung darüber hinaus nur wenige Kilometer vom Konsum geschehen. Ganz konkret kann der Aufbau derartiger Farmen durch den geringen Flächenverbrauch in urbanen Gebieten unter niedrigeren Flächennutzungskosten erfolgen; Regionalität kann so vor allem in Deutschland ganzjährig gewährleistet werden.
Parallel forschen wir an einer innovativen Bewässerungsmethode der Pflanzen, die den Wasserverbrauch weiter reduziert und die Nährstoffaufnahme beschleunigt. Mithilfe von Nebel bewässern wir die Pflanzen und konnten in ersten Versuchen beispielsweise Salat mit nur 1 Liter Wasser in 40 Tagen kultivieren. In der traditionellen Landwirtschaft hingegen werden pro Salatkopf 240 Liter Wasser verbraucht und durchschnittlich 60 Tage Wachstumszeit benötigt. Mithilfe des Prototyps arbeiten wir drei an der Perfektionierung von Bewässerung und Steuerung der Wachstumsbedingungen. Zusätzlich stehen wir im engen Austausch mit Anbietern von automatisierten industriellen Regalsystemen, um zukünftig ein skalierbares System zu bauen. Denn nur mit einer funktionierenden Automatisierung des Systems kann die Fläche in die Höhe ausgenutzt werden und das Konzept Vertical Farming unterstützen. Trotz der täglichen Beleuchtung mittels Grow LED-Lampen ist ein ökonomisch rentables Betreiben einer Vertical Indoor Farm schließlich möglich geworden, weil sowohl die Anschaffungskosten für LEDs als auch ihr Stromverbrauch stetig sinken. Auch wenn vorerst schnell wachsende Produkte mit einer hohen Marge im Einzelhandel wie Salate und Kräuter im Fokus der Kultivierung stehen, wird dies erst der Anfang sein.